Laubbläser vs. Bambusbesen – Wenn Politik über Blätter stolpert

Es ist Herbst in Zürich. Die Kastanien glänzen, die Igel rollen sich ein – und die Politik? Die ringt um das grösste Problem seit der Minarette- oder Röschti-Graben-Debatte: den Laubbläser. Der motorisierte Blätterfön, geliebt von Hauswarten, verflucht von Feinstaubfanatikern, ist offiziell auf der Abschussliste. Seit Herbst 2025 gilt: Benzinbetriebene Geräte verboten, Akkubläser nur noch zwischen Oktober und 31. Dezember erlaubt.

Begründung? Laubbläser seien laut, wirbelten Bakterien, Viren, Schimmelsporen und Wurmeier auf – kurz: eine Biowaffe auf Rädern. Die Alternative: der Bambusbesen – ökologisch, still und (angeblich) klimaneutral … abgesehen von der Kleinigkeit, dass er aus China importiert wird, per Containerschiff, Schweröl inklusive.

Der Feinstaub-Horrorfilm

Die Argumentation klingt wie das Drehbuch eines schlecht synchronisierten Katastrophenfilms: Ein Hauswart startet den Laubbläser – und schon steigen unsichtbare Pilzsporen wie Zombies aus den Pflasterritzen, Viren tanzen Conga, und irgendwo lacht ein Wurmei. Der Laubbläser als Feinstaub-Schleuder Deluxe.

Nur: Wenn wir ehrlich sind – ein kräftiger Föhnsturm, ein vorbeifahrender Bus oder der Staubsauger am Sonntag wirbeln vermutlich mehr Staub auf. Aber klar, der Laubbläser ist das perfekte Feindbild: laut, sichtbar, greifbar. Ideal, um das ökologische Gewissen zu beruhigen, während der Wind daneben unbehelligt weiterbläst.

Und ja, der Lärm. 100 Dezibel – das ist ungefähr so leise wie ein Presslufthammer auf Koffein. Trotzdem könnte man meinen, der Hauswart veranstalte ein DJ-Set im Vorgarten.
Aber muss wirklich jedes Blatt sofort vom Asphalt verschwinden? Oder könnte man – verrückte Idee – einfach die grossen Haufen kurz wegblasen und den Rest liegenlassen?

Blog - Laubbläser Verbot Zürich
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Lärm, Zen und das Blatt am Boden

Blätter sind nämlich nicht einfach «Schmutz». Sie sind Winterdecken für Igel, Snacks für Regenwürmer, Naturkosmetik für den Boden. Doch im Zürcher Stadtparlament gilt das Mantra: Kein Blatt darf liegen bleiben! Ausser natürlich das Bambusblatt, das aus Shanghai angereist ist.

Im Aargau, da bläst man noch. Vorerst. Während in Zürich der Akku-Laubbläser im Oktober in den Winterschlaf geschickt wird, pusten die Aargauer Hauswarte noch munter ihre Einfahrten frei. Man darf gespannt sein, wie lange noch – bis der Bambusbesen auch dort das Zepter (oder besser: den Stiel) übernimmt.

Der teure Tanz der Besen an der Street Parade

Und jetzt zum Lieblingsbeispiel aller Stadtsauberkeits-Strategen: die Street Parade. Hunderttausende feiern, der Bass hämmert, Plastikbecher und Konfetti regnen wie bunter Schnee. Am Morgen danach: ein Müllteppich am Zürisee.

Schon heute verschlingt die Reinigung rund 300 000 Franken, wenn Maschinenpower, Laubbläser und Sauger zum Einsatz kommen. 2025 – so hört man zumindest – soll erstmals (oder zumindest teilweise) ohne Laubbläser gereinigt worden sein. Offiziell bestätigt? Nicht wirklich. Aber schätzen wir mal: Der Aufwand war grösser, die Kosten höher, das Personal erschöpfter.

Statt drei Kolonnen mit Gebläsen marschiert eine ganze Armee von Bambus-Akrobaten auf – bewaffnet mit handgeschnitzten Besen aus Fernost. Diese haben eine halbe Weltreise hinter sich: Im Bauch eines Containerriesen, der auf der Route Shanghai–Rotterdam rund 100 000 Liter Schweröl verbrennt. Von Rotterdam per Lastwagen nach Zürich, wo der Bambusbesen endlich zum Showact wird: gegen Bierbecher und Konfetti.

Blog - Laubbläser Verbot Zürich
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Die globale Ironie des Bambusbesens

Hier wird’s richtig satirisch: Wir verbannen den Laubbläser wegen Lärm und Feinstaub – und kaufen dafür Stöcke aus Bambus, die einmal quer um den Globus reisen. Das ist ungefähr so ökologisch wie ein E-Auto, das mit Braunkohlestrom geladen wird.

Aber hurra – Hauptsache, man kann sich moralisch überlegen fühlen, wenn man in Zürich mit dem China-Besen Blätter kehrt, während der Containerdampfer im Hintergrund leise russt. Und irgendwo in Shanghai steht ein Bambusfeld kopfschüttelnd da und fragt sich:

«Wieso um alles in der Welt soll ich jetzt die Schweizer Laubkrise lösen?»

Lasst das Laub doch liegen!

Am Ende bleibt nur eine Frage: Warum machen wir’s so kompliziert? Warum Millionen für Bambusbesen ausgeben, warum Hauswarte zu Spitzensportlern im Dauerfegen degradieren, warum den Igel um seine Blätter betrügen?

Die Wahrheit ist simpel: Laub ist kein Feind. Es gehört zum Herbst wie Marroni, Nebel und kalte Finger beim Gartenschlauch.

Ein bisschen gesunder Menschenverstand reicht: Die grossen Haufen räumen wir weg, der Rest darf bleiben. Der Igel freut sich, der Steuerzahler auch – und der Bambusbesen darf gerne in Shanghai bleiben.

Also: Laubbläser oder Bambusbesen? Eigentlich egal. Am Ende ist das grösste Problem nicht das Laub – sondern der Mensch, der glaubt, er könne die Natur mit Paragrafen wegfegen.