Wildbienenhotel

Wildbienenhotel & Schmetterlingsblume:
Echter Naturschuttz oder Marketing?

Biodiversität liegt im Trend! Dank Initiativen wie «Mission B» in den Schweizer Medien und Aktionen von Migros («Nature Heroes») sowie Coop («Abenteuer Natur») sind Begriffe wie «Schmetterlingsstauden», «Bienenweiden» und «Wildbienenhotels» in aller Munde. Doch oft fehlt der Blick hinter die Kulissen. Warum etwa ein einzelnes Wildbienenhotel Experten zum Stirnrunzeln bringt, wollen wir hier beleuchten!

Natur im Blick:
Zwischen Ökologie & Biodiversität

Bevor «Ökologie» und «Biodiversität» Trendbegriffe in der Nachhaltigkeitsbewegung wurden, hatten sie bereits festen Platz in der wissenschaftlichen Welt. Ökologie, als Teilgebiet der Biologie, erkundet die vielschichtigen Beziehungen von Lebewesen mit ihrer Umwelt. Eine Schlüsselfigur hierbei ist Charles Darwin, dessen Evolutionstheorie unser Verständnis von Artenentwicklung massgeblich prägte.

Die Ökologie lehrt uns, dass Arten in einem dynamischen Tanz der sogenannten «Koevolution» entstehen. Hierbei entwickeln sich Arten in wechselseitiger Anpassung aneinander und ihre Umgebung. Diese fein abgestimmten Beziehungen bilden in der Natur komplexe Lebensgemeinschaften – Netzwerke von Tieren, Pflanzen, Pilzen, Flechten, Moosen und Bakterien. All diese Akteure haben letztlich zwei Hauptanliegen: Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung.

Im ewigen Kreislauf von «Fressen und gefressen werden» ist das Überleben das Ziel – Darwins berühmter Grundsatz «Survival of the fittest» kommt hier ins Spiel. Individuen, die sich gut an ihre Umgebung anpassen und dabei nicht zum Opfer fallen, haben die besten Chancen auf Fortpflanzung. Diese Anpassungsfähigkeit hängt eng mit der genetischen Diversität zusammen. Eine breite genetische Vielfalt innerhalb einer Art erhöht die Chance auf überlebensfähige Nachkommen.

Die gleiche Regel der Vielfalt gilt auch für Lebensgemeinschaften. Je vielseitiger und engmaschiger diese Gemeinschaften sind, desto widerstandsfähiger sind sie gegenüber Störungen, sei es durch Naturgewalten oder menschliches Zutun. Einige Arten sind von unterschiedlichen Gemeinschaften abhängig oder können in Koexistenz leben. Diese Vielfalt – sei es in Genetik, Arten oder Lebensgemeinschaften – fasst der Begriff «Biodiversität» zusammen.

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Der Zusammenhang zwischen Biodiversität & Wildbienenhotel

Nach diesem tiefen Einblick in Ökologie und Biodiversität fragen Sie sich sicher: Was hat das alles mit Wildbienenhotels zu tun? Ich gebe zu, die letzten Informationen waren vielleicht nicht das, was man als leichte Lektüre bezeichnen würde. Aber sie sind essenziell, um den wahren Wert – oder manchmal auch die Leerstelle – eines Wildbienenhotels zu erkennen.

Das Wichtigste zuerst: Wildbienen sind nicht nur auf einen Fortpflanzungsort angewiesen, sie benötigen auch eine kontinuierliche Nahrungsquelle. Ein Wildbienenhotel mag zwar für einige Arten ein nettes «Liebesnest» darstellen, aber das Frühstücksbuffet ist dort nicht inklusive. Unsere heimischen Wildbienen können sich nicht von einem gewöhnlichen Rasen, einer Thujenhecke oder einem pflegeleichten Schottergarten ernähren. Abhängig von der Art benötigen sie spezifische heimische Wildblumen oder -sträucher. Und genau diese essenziellen Pflanzen sind in vielen Gärten kaum vorhanden oder werden gar als Unkraut verbannt.

Nicht nur Wildbienen leiden unter diesem Nahrungsmangel, auch Schmetterlinge, Fliegen und viele andere Insekten suchen vergebens nach Futter. Ohne diese Insekten werden auch grössere Tiere wie Vögel und Igel hungern. In einem Satz: Ohne die Vielfalt heimischer Pflanzen können robuste Lebensgemeinschaften nicht existieren.

Ein Wildbienenhotel allein ist daher eher ein symbolisches Statement als ein nachhaltiger Beitrag zur Biodiversität. Es mag dem Verkäufer Profit bringen und unser Gewissen kurzzeitig beruhigen, aber es bleibt die Frage, ob es wirklich einen echten Nutzen für die Natur hat.

Mehr von Allem – Für eine wirkliche Natur-Oase

Der Ansatz von Wildbienenhotels ist gut, aber nicht gut genug. Das Gleiche gilt für andere vermeintlich insektenfreundliche Ideen, wie Stein- und Asthaufen oder das Anlegen eines Teichs. Es geht nicht allein darum, gut gemeinte Einzelmassnahmen zu setzen, sondern vielmehr ein gesamtes Ökosystem zu schaffen.

Möchten wir wirklich ein Zuhause für Wildbienen, Schmetterlinge und Vögel bieten, muss der Ansatz weitergedacht werden. Es reicht nicht, ein einzelnes bauliches Element zu setzen. Was es braucht, ist ein Garten, der sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Tiere orientiert. Das bedeutet: heimische Pflanzen in Hülle und Fülle! Nicht nur eine einzelne «Schmetterlingsblume», sondern eine bunte Palette an heimischen Pflanzensorten.

Denn vergessen wir nicht, unsere heimischen Insekten haben sich über Jahrmillionen gemeinsam mit der heimischen Pflanzenwelt entwickelt. Diese tiefe, evolutionäre Verbindung bedeutet, dass Schmetterlingsraupen unter anderem Brennnesseln und Wilde Möhren für ihre Ernährung brauchen und nicht exotische Pflanzen wie Hortensien oder Pampasgras.

Ein Garten, der auf diese Weise gestaltet wird, ist nicht nur ein Paradies für Insekten, sondern auch für uns – eine Oase des Lebens, der Vielfalt und der Schönheit.

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Vorsicht vor fremden Eindringlingen

Ja, ein Naturgarten ist ein bunter Mix und kann durchaus auch ein oder zwei exotische Pflanzen beherbergen. Ein wenig Mönchspfeffer, der den Garten im Herbst zum Leuchten bringt? Warum nicht! Doch es gilt das Motto: alles im richtigen Mass.

Doch Achtung: Pflanzen wie der Kirschlorbeer oder der Sommerflieder, die auf der Schwarzen Liste der invasiven, nicht heimischen Pflanzen stehen, sollten wir unbedingt meiden. Diese Eindringlinge können einheimische Pflanzen überwuchern und verdrängen, was die Balance unseres heimischen Ökosystems stört.

Bei Zweifeln, ob eine Pflanze in unseren Breiten zu Hause ist oder ob sie als Neophyt gelistet ist, bietet die Webseite floretia.ch eine wertvolle Hilfestellung. Das Tool gibt nicht nur Aufschluss über die Herkunft einer Pflanze, sondern empfiehlt auch heimische Alternativen. So schützen wir unsere Natur und fördern gleichzeitig die Biodiversität in unserem eigenen Garten!

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Kein Platz für nicht-recyclebares im Naturgarten!

Ein echter Naturgarten setzt auf Nachhaltigkeit – und das bedeutet: Priorität für nachwachsende und recycelbare Materialien! Hier sollten wir uns an langlebigen Hölzern aus heimischen Wäldern, an Steinmaterialien aus regionalen Steinbrüchen oder an wiederverwertbaren Rohstoffen orientieren.

Was jedoch im Naturgarten nichts zu suchen hat, sind Keramikplatten, nicht recycelbare Kunststoffe und Produkte, die sich nicht wieder auflösen lassen. Und Beton? Zwar lässt er sich in gewissem Masse recyceln, jedoch ist seine Produktion energieintensiv. Daher gilt: Wenn überhaupt, dann sparsam verwenden.

Ein weiteres No-Go: Tropenhölzer, Steine importiert aus Ländern wie China oder Polen, sowie mineralische Dünger und chemische Pestizide. Die Nachteile solcher Materialien und Produkte? Sie sind oft nicht nur für die Umwelt problematisch, sondern auch für die Menschen, die sie abbauen oder herstellen. Wer sich weiter informieren möchte – eine kurze Online-Recherche, zum Beispiel zum Abbau von mineralischem Phosphor, wird schnell Aufklärung bringen! Ein gut informierter Gärtner ist ein nachhaltiger Gärtner.

Warum ein Naturgarten? Für eine Prisma von Vorteilen

Am Anfang steht oft der Wunsch nach weniger Aufwand: Ein Garten, der weniger Pflege benötigt, der das Gewissen beruhigt und mit seiner natürlichen Romantik verzaubert. Das sind zwar handfeste Gründe, doch wer sich auf das Abenteuer eines Naturgartens einlässt, wird bald eine tiefere Wertschätzung entdecken: die wohltuende Gelassenheit.

Keine hektischen Rasenmäher-Einsätze jede Woche, kein Aufschrei bei jedem Löwenzahn, der sein Köpfchen reckt, und kein Stress über Pflanzen, die gerade eine Ruhepause einlegen. Statt ständigem «Tun-Müssen» eröffnet sich eine entspannte Welt des Beobachtens, des Beurteilens und des gezielten, bedachten Eingriffes. Dazu gesellen sich aufregende Tierbeobachtungen, kühlende Schattenspender an heissen Sommertagen und die Freude darüber, dass das aufgestellte Wildbienenhotel tatsächlich belebt wird. (Ja, Experten mögen hier anmerken, dass nicht alle Wildbienenarten in hohlen Stängeln oder Löchern nisten – aber das vertiefen wir ein anderes Mal!)

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Neugierig geworden?

Dann tauchen Sie tiefer ein in die Welt der Naturgärten mit unserem Artikel:
«Naturgarten – ein Refugium wilder Schönheit im eigenen Grün».

Wikipedia: Insektenhotel